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Islamophobie
Islamophobie (von griech. φόβος phóbos: Angst, Phobie) bezeichnet irrationale Vorurteile oder Hass gegen Muslime und ihre Religion.[1][2][3][4][5] Dies zeigt sich durch „generell ablehnende Einstellungen gegenüber und Angst vor Muslimen, pauschale Abwertungen der islamischen Kultur, seiner Symbole und religiösen Praktiken sowie distanzierendes Verhalten gegenüber Muslimen.“[6] Im Gegensatz zu einer sachlich begründeten Islamkritik, hat die Islamophobie irrationale Hintergründe, die sich in einer allgemeinen Feindseligkeit gegenüber dem Islam und seinen Angehörigen äußern. Islamophobe verallgemeinern die Verfehlungen einzelner Muslime als für die gesamte islamische Religion und ihre Angehörigen geltend. Aus Null bis Vier/Fünf dieser Einzelfälle pro Tag wird suggeriert, dass der gesamte Islam und die Muslime nicht kompatibel mit der hiesigen Gesellschaft seien. Die Übertreibung solcher Fälle soll dazu dienen, „Muslime von der eigenen Gruppe abzugrenzen und als minderwertiger einzustufen.“[6] Dies äußert sich beispielsweise in der Behauptung, dass der gesamte Islam irrational, primitiv und barbarisch sei.[6] Außerdem wird behauptet, dass der Islam keine Religion, sondern eine „politische Ideologie“ sei.[6][7] Ob Islamophobie als Form des Rassismus oder als eine nahe verwandte Form Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit betrachtet werden sollte, ist in den Sozialwissenschaften umstritten.[8]
Von Islamophoben selber wird behauptet, dass der Begriff Islamophobie ein von „Islamverteidigern“ und Muslimen erfundener und geprägter „Kampfbegriff“ sei. Hierbei wird, wie in der Islamophobie üblich, auf einzelne Probleme mit Muslimen hingewiesen und diese dann verallgemeinert, um sie und ihre Religion herabzuwürdigen. Laut den Islamophoben gebe es daher gar keine Islamophobie, weil der Gedanke, dass der gesamte Islam und alle seine Angehörigen eine „Bedrohung“ seien, nicht irrational, sondern „wissenschaftlich“ fundiert sei.
Bei der Islamophobie handelt es sich um ein vergleichsweise junges Phänomen, das durch die Anschläge vom 11. September 2001 einen gewaltigen Auftrieb erfuhr.[9]
Islamophobe Gewalt
Am 1. Juli 2009 wurde die im dritten Monat schwangere, ägyptische Handballspielerin und Pharmazeutin Marwa Ali El-Sherbini von Alex Wiens, aus islamophober Motivation, mit 18 Messerstichen ermordet.[10] Vorausgegangen war dem Mord ein Gerichtsverfahren gegen Wiens: Er hatte El-Sherbini im August 2008 auf dem Dresdner Spielplatz als „Islamistin“ und „Terroristin“ beschimpft. Daraufhin informierte eine dritte anwesende Person die Polizei. Das Amtsgericht Dresden verurteilte Wiens durch Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 11 Euro[11]. Nachdem Wiens gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte, kam es zu einer Hauptverhandlung, in welcher Marwa El-Sherbini als Zeugin vernommen wurde.[12] Hier wurde Wiens zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 13 Euro verurteilt. Im Prozess bezeichnete er Muslime als „nicht beleidigungsfähig“. Die Staatsanwaltschaft nahm das zum Anlass, Berufung einzulegen, um ein höheres Strafmaß wegen eines ausländerfeindlichen Hintergrundes zu erwirken. Auch Wiens legte Berufung gegen das Urteil ein[11]. In der Berufungsverhandlung am 1. Juli 2009 stach Wiens auf Marwa El-Sherbini ein, als diese nach ihrer Zeugenaussage den Gerichtssaal verlassen wollte. El-Sherbinis dreijähriger Sohn sah dabei, wie seine Mutter verblutete.
Am 22. Juli 2011 ermordete der norwegische Terrorist Anders Behring Breivik 77 Menschen, weil er diesen vorwarf, zum „Massenimport von Moslems“ nach Norwegen stark zu beigetragen zu haben.[13][14]
Begriffsgeschichte
Die Herkunft des Begriffs ist nicht abschließend geklärt, zumal es auch verschiedene Ansichten dazu gibt. Nach Ansicht einiger, sei der Begriff angeblich von Ayatollah Khomeini erfunden worden um Frauen die es ablehnten den Hijab zu tragen zu verunglimpfen. Andere hingegen verweisen darauf dass griechisch suffigierte Begriffe im Iran unbekannt gewesen seien. Und Frauen die sich den repressiven Bekleidungsvorschriften widersetzten als "islamfeindlich", "gegen den Islam" oder gegen die (islamische) Revolution gerichtet" bezeichnet worden waren.
Zitate
Siehe: Islamfeindliche Zitate von Prominenten
Literatur
- Chris Allen: Justifying Islamophobia: A Post-9/11 Consideration of the European Union and British Contexts. In: The American Journal of Islamic Social Sciences 21 (3), 2004. S. 1–14. (Volltext)
- Chris Allen: A Brief History of Islamophobia. In: Arches Quarterly 4 (7), 2010. S. 14–23.
- Chris Allen: Islamophobia. Ashgate Publishing, London 2010. ISBN 978-0-7546-5139-0.
- Malcolm D. Brown: Conceptualising Racism and Islamophobia. In: Jessica ter Wal, Maykel Verkuyten: Comparative Perspectives on Racism. Ashgate Publishing, Aldershot 2000. ISBN 0-7546-1123-X, S. 73–90.
- Achim Bühl: Islamfeindlichkeit in Deutschland. Ursprünge, Akteure, Stereotypen. VSA-Verlag, Hamburg 2010. ISBN 978-3-89965-444-8.
- Jocelyn Cesari: Introduction. In: Jocely Cesari: Muslims in the West after 9/11. Religion, Politics and Law. Routledge, Abingdon 2010. ISBN 0-415-77655-4, S. 1–6.
- Thomas Deltombe: L’Islam imaginaire. Éditions La Découverte, Paris 2005. ISBN 2-7071-4672-2.
- Étienne Dinet, Sliman Ben Ibrahim: L'Orient vu par L'Occident. H. Piazza & P. Geuthner, Paris 1921.
- Peter Gottschalk, Gabriel Greenberg: Islamophobia. Making Muslims the Enemy. Rowman & Littlefield, Lanham 2008. ISBN 0-7425-5286-1.
- Sabine Schiffer: Die Darstellung des Islam in der Presse. Sprache, Bilder, Suggestionen. Eine Auswahl von Techniken und Beispielen. Würzburg 2005. ISBN 3-89913-421-4.
- Sabine Schiffer: Grenzenloser Hass im Internet. Wie „islamkritische" Aktivisten in Weblogs argumentieren. In: Thorsten Gerald Schneiders (Hrsg.). Islamfeindlichkeit. Wenn die Grenzen der Kritik verschwimmen. 2. Aufl. VS-Verlag, Wiesbaden 2010, S. 355-375. ISBN 978-3-531-16257-7.
- Thorsten Gerald Schneiders (Hrsg.). Islamfeindlichkeit. Wenn die Grenzen der Kritik verschwimmen. 2. Aufl. VS-Verlag, Wiesbaden 2010. ISBN 978-3-531-16257-7
- Ingrid Thurner: Die dunkle Seite des Postens. Diskursmuster und Diskursstrategien bei Islamthemen. In: Jahrbuch für Islamophobieforschung 2012, S. 154-176. ISBN 978-3-99036-001-9.
- Farid Hafez (Hg.): Jahrbuch für Islamophobieforschung 2012. Wien, new academic press, 2012, ISBN 978-3-99036-001-9
- Farid Hafez (Hg.): Jahrbuch für Islamophobieforschung 2013. Wien, new academic press, 2013, ISBN 978-3-7003-1859-0
Einzelnachweise
- ↑ Fredman, Sandra: Discrimination and human rights: the case of racism. Oxford [Oxfordshire]: Oxford University Press 2001, ISBN 0-19-924603-3
- ↑ Haddad, Yvonne Yazbeck: Muslims in the West: from sojourners to citizens. Oxford [Oxfordshire]: Oxford University Press 2002, ISBN 0-19-514806-1
- ↑ Islamophobia: A Challenge for Us All, Runnymede Trust, 1997, p. 1, cited in Quraishi, Muzammil: Muslims and crime: a comparative study. Aldershot, Hants, England: Ashgate 2005, ISBN 0-7546-4233-X . Early in 1997, the Commission on British Muslims and Islamophobia, at that time part of the Runnymede Trust, issued a consultative document on Islamophobia under the chairmanship of Professor Gordon Conway, Vice-Chancellor of the University of Sussex. The final report, Islamophobia: A Challenge for Us All, was launched in November 1997 by Home Secretary Jack Straw
- ↑ Holden, Cathie; Hicks, David V.: Teaching the global dimension: key principles and effective practice. New York: Routledge 2007, ISBN 0-415-40448-7
- ↑ Islamofobi - en studie av begreppet, ungdomars attityder och unga muslimers utsatthet, published by Forum för levande historia
- ↑ 6,0 6,1 6,2 6,3 BIK Netz. Präventionsnetz gegen Rechtsextremismus
- ↑ Runnymede 1997, p. 5, cited in Quraishi 2005, p. 60.
- ↑ Chris Allen: Islamophobia. Ashgate Publishing, London 2010. ISBN 978-0-7546-5139-0.
- ↑ Poynting & Mason: "Tolerance, Freedom, Justice and Peace?: Britain, Australia and Anti-Muslim Racism since 11 September 2001", Journal of Intercultural Studies, Vol. 27, No. 4 (2006), pp.365-391, http://dx.doi.org/10.1080/07256860600934973
- ↑ Frankfurter Rundschau: Lebenslang für Marwas Mörder, 11. November 2009
- ↑ 11,0 11,1 SPIEGEL Nr. 46 vom 9. November 2009, S. 40
- ↑ Berichterstattung auf Spiegel online vom 26. Oktober 2009 über den ersten Prozesstag vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Dresden / die Zeugenaussage des Ehemannes
- ↑ Ville strupe videre rekruttering til Arbeiderpartiet Dagbladet, 25. Juli 2011
- ↑ Attentat auf Norwegens König geplant Berliner Morgenpost, 31. Juli 2011