|
|
| Zeile 16: |
Zeile 16: |
|
| |
|
| Bei den [[Tier]]en, namentlich bei den höheren Tieren, zeichnet sich diese [[Dreigliederung]] des Organismus zwar schon deutlich ab, ist aber nirgends so ausgewogen wie beim Menschen. Nur die fein abgestimmte Harmonie, mit der diese drei Glieder, einander lebendig durchdringend, beim Menschen zusammenwirken, ermöglicht ihm seine [[Aufrechte Haltung|aufrechte Haltung]], die artikulierte Lautsprache und das verstandesmässige Denken. | | Bei den [[Tier]]en, namentlich bei den höheren Tieren, zeichnet sich diese [[Dreigliederung]] des Organismus zwar schon deutlich ab, ist aber nirgends so ausgewogen wie beim Menschen. Nur die fein abgestimmte Harmonie, mit der diese drei Glieder, einander lebendig durchdringend, beim Menschen zusammenwirken, ermöglicht ihm seine [[Aufrechte Haltung|aufrechte Haltung]], die artikulierte Lautsprache und das verstandesmässige Denken. |
|
| |
| {{GZ|Faßt man
| |
| nun zusammen alles dasjenige Seelische, das als Vorstellen
| |
| erlebt wird und sucht man nach den leiblichen Vorgängen,
| |
| mit denen dieses Seelische in Beziehung zu setzen ist, so findet
| |
| man den entsprechenden Zusammenhang, indem man
| |
| dabei in weitgehendem Maße den Ergebnissen der gegenwärtigen
| |
| physiologischen Psychologie sich anschließen
| |
| kann. Die körperlichen Gegenstücke zum Seelischen des
| |
| Vorstellens hat man in den Vorgängen des Nervensystems
| |
| mit ihrem Auslaufen in die Sinnesorgane einerseits und in
| |
| die leibliche Innenorganisation andrerseits zu sehen. So sehr
| |
| man vom anthroposophischen Gesichtspunkte aus manches
| |
| wird anders zu denken haben, als es die gegenwärtige Wissenschaft
| |
| tut: eine Grundlage vorzüglicher Art ist in dieser
| |
| Wissenschaft vorhanden. Nicht so steht es, wenn man die
| |
| leiblichen Gegenstücke für das Fühlen und Wollen bestimmen
| |
| will. In bezug darauf muß man sich innerhalb der Ergebnisse
| |
| gegenwärtiger Physiologie erst den richtigen Weg
| |
| bahnen. Ist man auf denselben gelangt, so findet man, daß
| |
| man wie das Vorstellen zur Nerventätigkeit so das Fühlen
| |
| in Beziehung bringen muß zu demjenigen Lebensrhythmus,
| |
| der in der Atmungstätigkeit seine Mitte hat und mit ihr zusammenhängt.
| |
| Man hat dabei zu berücksichtigen, daß man
| |
| zu dem angestrebten Ziele den Atmungsrhythmus mit allem,
| |
| was mit ihm zusammenhängt, bis in die äußersten peripherischen
| |
| Teile der Organisation verfolgen muß. Um auf
| |
| diesem Gebiete zu konkreten Ergebnissen zu gelangen,
| |
| müssen die Erfahrungen der physiologischen Forschung in
| |
| einer Richtung verfolgt werden, welche heute noch vielfach
| |
| ungewohnt ist. Erst wenn man dies vollbringt, werden alle
| |
| Widersprüche verschwinden, die sich zunächst ergeben,
| |
| wenn Fühlen und Atmungsrhythmus zusammengebracht
| |
| werden. Was zunächst zum Widerspruch herausfordert,
| |
| wird bei näherem Eingehen zum Beweise für diese Beziehung. Aus dem weiten Gebiet, das hier verfolgt werden
| |
| muß, sei nur ein einziges Beispiel herausgehoben. Das Erleben
| |
| des Musikalischen beruht auf einem Fühlen. Der Inhalt
| |
| des musikalischen Gebildes aber lebt in dem Vorstellen,
| |
| das durch die Wahrnehmungen des Gehörs vermittelt wird.
| |
| Wodurch entsteht das musikalische Gefühls-Erlebnis?
| |
| Die ''Vorstellung'' des Tongebildes, die auf Gehörorgan und
| |
| Nervenvorgang beruht, ist noch nicht dieses musikalische
| |
| Erlebnis. Das letztere entsteht, indem im Gehirn der Atmungsrhythmus
| |
| in seiner Fortsetzung bis in dieses Organ
| |
| hinein, sich begegnet mit dem, was durch Ohr und Nervensystem
| |
| vollbracht wird. Und die Seele lebt nun nicht in dem
| |
| bloß Gehörten und Vorgestellten, sondern sie lebt in dem
| |
| Atmungsrhythmus; sie erlebt dasjenige, was im Atmungsrhythmus
| |
| ausgelöst wird dadurch, daß gewissermaßen das
| |
| im Nervensystem Vorgehende heranstößt an dieses rhythmische
| |
| Leben. Man muß nur die Physiologie des Atmungsrhythmus
| |
| im rechten Lichte sehen, so wird man umfänglich
| |
| zur Anerkennung des Satzes kommen: die Seele erlebt fühlend,
| |
| indem sie sich dabei ähnlich auf den Atmungsrhythmus
| |
| stützt wie im Vorstellen auf die Nervenvorgänge. -
| |
| Und bezüglich des Wollens findet man, daß dieses sich in
| |
| ähnlicher Art stützt auf Stoffwechsel Vorgänge. Wieder muß
| |
| da in Betracht gezogen werden, was alles an Verzweigungen
| |
| und Ausläufern der Stoffwechselvorgänge im ganzen Organismus
| |
| in Betracht kommt. Wie dann, wenn etwas «vorgestellt» wird, sich ein Nerven Vorgang abspielt, auf Grund
| |
| dessen die Seele sich ihres Vorgestellten bewußt wird, wie
| |
| ferner dann, wenn etwas «gefühlt» wird, eine Modifikation
| |
| des Atmungsrhythmus verläuft, durch die der Seele ein Gefühl
| |
| auflebt: so geht, wenn etwas «gewollt» wird, ein Stoffwechselvorgang vor sich, der die leibliche Grundlage ist für
| |
| das als Wollen in der Seele Erlebte. - Nun ist in der Seele ein
| |
| vollbewußtes waches Erleben nur für das vom Nervensystem
| |
| vermittelte Vorstellen vorhanden. Was durch den Atmungsrhythmus
| |
| vermittelt wird, das lebt im gewöhnlichen
| |
| Bewußtsein in jener Stärke, welche die Traumvorstellungen
| |
| haben. Dazu gehört alles Gefühlsartige, auch alle Affekte,
| |
| alle Leidenschaften und so weiter. Das Wollen, das auf StofTwechselvorgänge
| |
| gestützt ist, wird in keinem höheren
| |
| Grade bewußt erlebt als in jenem ganz dumpfen, der im
| |
| Schlafe vorhanden ist. Man wird bei genauer Betrachtung
| |
| des hier in Frage Kommenden bemerken, daß man das Wollen
| |
| ganz anders erlebt als das Vorstellen. Das letztere erlebt
| |
| man wie man etwa eine von Farbe bestrichene Fläche sieht;
| |
| das Wollen so, wie eine schwarze Fläche innerhalb eines farbigen
| |
| Feldes. Man «sieht» innerhalb der Fläche, auf der
| |
| keine Farbe ist, eben deshalb etwas, weil im Gegensatz zu
| |
| der Umgebung, von der Farben-Eindrücke ausgehen, von
| |
| dieser Fläche keine solchen Eindrücke kommen: man «stellt
| |
| das Wollen vor», weil innerhalb der Vorstellungs-Erlebnisse
| |
| der Seele an gewissen Stellen sich ein Nicht-Vorstellen
| |
| einfügt, das sich in das vollbewußte Erleben hineinstellt
| |
| ähnlich wie die im Schlafe zugebrachten Unterbrechungen
| |
| des Bewußtseins in den bewußten Lebenslauf. Aus diesen
| |
| verschiedenen Arten des bewußten Erlebens ergibt sich die
| |
| Mannigfaltigkeit des seelischen Erfahrens in Vorstellen,
| |
| Fühlen und Wollen.|21|150ff}}
| |
|
| |
| Sehr ausführlich sprach [[Rudolf Steiner]] in einem in [[Wikipedia:Arnhem|Arnheim]] am 21. Juli 1924 gehaltenen Vortrag über seinen jahrzehntelangen Forschungsweg, der ihn zur Anschauung des dreigliedrigen menschlichen Organismus geführt hat:
| |
|
| |
| {{GZ|Solche Richtlinien zu finden, um die menschliche Organisation nach
| |
| ihrer Ganzheit, nach ihrer Totalität zu durchschauen, beschäftigte mich
| |
| eigentlich, bevor ich überhaupt öffentlich davon gesprochen habe,
| |
| was etwa im Jahre 1917 geschah, vorher durch dreißig Jahre hindurch.
| |
| Als verhältnismäßig junger Mensch, in meinen ersten Zwanzigerjahren,
| |
| habe ich mir die Frage vorgelegt: Gibt es eine Möglichkeit, in diese
| |
| komplizierte menschliche Organisation mit gewissen Leitlinien einzudringen,
| |
| so daß man zu irgendeiner Überschau kommt? Und da stellte
| |
| sich heraus - wie gesagt, was ich jetzt kurz auseinandersetze, war eine
| |
| Arbeit, mit der ich mich dreißig Jahre befaßt habe -, daß man die
| |
| menschliche Gesamtorganisation nach drei Aspekten beurteilen kann,
| |
| so daß man unterscheidet: die Nerven-Sinnesorganisation, die rhythmische
| |
| Organisation, und die Stoffwechsel-Gliedmaßenorganisation.
| |
| Mehr als anderes gehört alles das im menschlichen Organismus zusammen,
| |
| was man die Nerven-Sinnesorganisation nennen kann. Und sie
| |
| ist wiederum der Träger alles dessen, was man als das Vorstellungsleben
| |
| bezeichnen kann. Aber wiederum als in einer gewissen Beziehung
| |
| in sich geschlossen erweist sich das, was man die rhythmische
| |
| Organisation in der Menschennatur nennen kann: der Atmungsrhythmus,
| |
| der Rhythmus des Blutkreislaufes, der Rhythmus, der sich in
| |
| Schlafen und Wachen offenbart, und zahlreiches andere, was rhythmisch
| |
| im Menschen verläuft. Gerade durch eine sachgemäße, exakte
| |
| Unterscheidung der rhythmischen Organisation von der Nerven-Sinnesorganisation
| |
| kam ich zunächst darauf, diese Gliederung im Menschen
| |
| vorzunehmen. Ich mußte mir damals, vor jetzt fast vierzig Jahren,
| |
| wo mehr als heute die prinzipiellen physiologischen Fragen auf den
| |
| Menschenherzen lasteten, die Frage vorlegen: Ist es denn möglich nach
| |
| der Erscheinung, die sich in der Erfahrung darbietet, so zu sprechen,
| |
| daß das gesamte Seelenleben nach Denken, Fühlen und Wollen an das
| |
| Nervensystem und Sinnessystem gebunden ist? Es ergab sich für mich
| |
| dabei ein unmöglicher Widerspruch: an das Nerven-Sinnessystem sollen
| |
| Denken, Fühlen und Wollen gebunden sein? Ich kann heute natürlich
| |
| nicht im einzelnen dies ausführen, kann auf alles nur hindeuten;
| |
| allein gerade wenn wir ins therapeutische Gebiet kommen, wird sich
| |
| uns manches aufhellen. Wenn man zum Beispiel wirklich mit physiologischem
| |
| Blick, mit Exaktheit die Wirkungen des Musikalischen auf die
| |
| menschliche Organisation studiert; wenn man die enge Gebundenheit
| |
| im Erleben des Musikalischen an alles Rhythmische im Menschen kennenlernt,
| |
| und wenn man auf der anderen Seite das Seelische im Musikalischen
| |
| erfaßt, das Gefühlsmäßige im Erfassen des Melodischen, des
| |
| Harmonischen unbefangen studiert, so sagt man sich zunächst: Das
| |
| ganze Gefühlsleben des Menschen ist nicht unmittelbar an das Nervensystem
| |
| gebunden, sondern es wird erlebt im rhythmischen System;
| |
| und nur wenn wir ins Vorstellen heraufheben, was wir zunächst an
| |
| Musikalischem unmittelbar im rhythmischen System erleben und was,
| |
| indem es dort erlebt wird, Gefühlswelt wird, dann wird die Vorstellung
| |
| davon erst vom Nervensystem getragen. Da kommt man darauf,
| |
| daß das Nervensystem und das rhythmische System wirklich voneinander
| |
| innerlich, organisatorisch voneinander geschieden sind.
| |
|
| |
| Nehmen Sie die gegenwärtige Physiologie mit allem, was sie Ihnen
| |
| bieten kann; nehmen Sie vor allem alles, was sie Ihnen bieten kann
| |
| an äußeren Erfahrungen, die Sie mit dem Musikalischen machen können,
| |
| und studieren Sie so etwas wie das menschliche Ohr im Wahrnehmen
| |
| der Töne, studieren Sie es, dieses Ohr, indem es musikalisch
| |
| gegliederte Töne erfaßt, dann werden Sie sich schon sagen: Hörbares,
| |
| das heißt sinnlich Wahrnehmbares einer Art, wird zunächst dem rhythmischen
| |
| System des Menschen einverleibt, rhythmet herauf in die
| |
| Sinnesorganisation, rhythmet heran an das Nervensystem und wird
| |
| dann durch das Nervensystem vorgestellt. Unmittelbar steht unser
| |
| rhythmisches System mit dem Gefühlsleben in Verbindung, mittelbar
| |
| nur das Nervensystem, das der Träger des Denkens ist - der Träger
| |
| des Fühlens jedoch nur insofern, als wir uns unserer Gefühle bewußt
| |
| werden in Gedanken, und die Gedanken werden dann vom Nervensystem
| |
| getragen.
| |
|
| |
| Ebenso kommt man weiter, wenn man das Physiologische bis zu
| |
| dem treibt, was Stoffwechsel-Gliedmaßensystem ist. Es könnte paradox
| |
| erscheinen, daß ich diese zwei Dinge zusammenfasse: Stoffwechsel
| |
| und Gliedmaßen; aber Sie brauchen nur zu bedenken, wie alles Motorische,
| |
| alles, was in Bewegung ist und mit den Gliedmaßen zusammenhängt,
| |
| auf den Stoffwechsel zurückwirkt. Das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem
| |
| ist schon ein einheitliches Ganzes. Und wenn man nicht
| |
| in konfuser, sondern in exakter Weise die Dinge untersucht, so erweist
| |
| sich wiederum, daß das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem der unmittelbare
| |
| Träger aller Willenserscheinungen im Menschen ist. Wiederum
| |
| ist es so: Wenn das, was im Stoffwechsel-Gliedmaßensystem als dem
| |
| Träger der Willenserscheinungen vorgeht, heraufwirkt, heraufkraftet
| |
| in das rhythmische System - wir haben in der menschlichen Organisation
| |
| unmittelbar den Zusammenhang zwischen Stoffwechselsystem
| |
| und rhythmischem System gegeben - , dann geht es ins Gefühl über.
| |
| Wir entwickeln unsere Gefühle in unserem Willen, indem unser Wille
| |
| sich unmittelbar in den Stoffwechselvorgängen auslebt, unmittelbar.
| |
| Wir erleben mittelbar im rhythmischen System fühlend den Willen.
| |
| Und wir machen uns Gedanken über das, was wir wollen, indem
| |
| Stoffwechselsystem und rhythmisches System heraufkraften in das
| |
| Nerven-Sinnessystem.
| |
|
| |
| Da schaut man hinein in eine Gliederung des Menschen, die nun
| |
| wirklich Leitlinien für ein Durchschauen der menschlichen Organisation
| |
| abgibt. Denn durchschaut man das, was im Nerven-Sinnessystem
| |
| gegeben ist und vergleicht es mit dem, was im Stoffwechsel-
| |
| Gliedmaßensystem gegeben ist - lassen wir zunächst das rhythmische
| |
| System zwischendrinnen liegen -, dann findet man einen vollständigen
| |
| polarischen Gegensatz nach jeder Richtung: Nerven-Sinnessystem
| |
| und Stoffwechsel-Gliedmaßensystem sind polarisch einander entgegengesetzt;
| |
| wo das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem aufbaut, da baut
| |
| das Nerven-Sinnessystem ab, und umgekehrt. Dieses und vieles andere
| |
| erweist sich als polarischer Gegensatz. Erst wenn man in dieser Weise
| |
| den menschlichen Organismus durchschaut und dann sieht, wie alles
| |
| das, was Ich-Organisation ist, im engeren Sinne gebunden ist an das
| |
| Nerven-Sinnessystem; wie alles das, was Äther leib des menschlichen
| |
| Organismus ist, gebunden ist im engeren Sinne an das Stoffwechsel-
| |
| Gliedmaßensystem; wie alles das, was astralischer Leib ist, gebunden
| |
| ist an das rhythmische System; und wie der physische Leib das ganze
| |
| durchdringt, aber fortwährend überwunden wird von den drei anderen
| |
| Gliedern der menschlichen Organisation, dann lernt man eben auch
| |
| in das Normale oder Abnorme, in die sogenannten normalen oder abnormen
| |
| Prozesse der menschlichen Organisation hineinschauen.|319|166ff}}
| |
|
| |
|
| == Dreigliederung, nicht Dreiteilung == | | == Dreigliederung, nicht Dreiteilung == |